Von Natascha Fitermann

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Freiflug

Einmal Elternzeit und zurück

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Im November 2016 kam mein Sohn auf die Welt und plötzlich war ich zuhause, nach vielen Jahren im Job. Ein Jahr später bin ich wieder eingestiegen. Vieles ist gleichgeblieben – und irgendwie ist es doch ganz anders.

Die Elternzeit genießen

April 2017: Nachdem ich endlich die ersten Monate mit ständigen nächtlichem Aufstehen überstanden habe, und entspannt mittags in der Sonne in einem Café sitze, wird es Zeit die Elternzeit zu genießen. Ab und zu treffe ich mich mit Kollegen und beobachte das Geschehen aus der Ferne: Projekte, Kunden, über die man sich ärgert und endlose Meetings, das alles ist so weit weg und wirkt wie Geschichten aus einem Roman.

Auch die Elternzeit hat ein Ende

Dann wird es Zeit wieder einzusteigen. Und schon bin ich wieder im Planungsmodus: Wie viele Stunden will oder soll ich arbeiten? Wer bringt den Kleinen hin, wer holt ihn ab? Wer fährt mit dem Auto? Wer mit dem Fahrrad? Und klappt das alles auch?

Der erste Tag vom Wiedereinstieg ist aufregender als der erste Arbeitstag: Viele neue Kollegen denken ich wäre „Die Neue“. Und schon bin ich im neuen Projekt: Weiß ich überhaupt noch, wie ich PowerPoint bediene? Worüber rede ich mit den Kollegen? Worüber sprechen wir, wenn Windeln, Brei und Krabbeln ausscheiden? Alles ist super aufregend und spannend. Und ich merke schnell, es macht immer noch Spaß, von tollen Kollegen umgeben zu sein.

Der Alltag kommt schneller als gedacht

Das Projekt holt mich schon in der ersten Woche ein: Der Kick-off ist um 16.30 Uhr. Leider kann ich so spät nicht dabei sein. Stellvertretend nimmt mein Kollege meinen Fotoaufsteller mit zum Termin. Naiverweise denke ich, dass ich per Telefon teilnehmen kann: kurze Vorstellung, dann das Mikrofon muten, mich um den Kleinen kümmern und nebenbei zuhören. FAIL! Knappe vier Sätze hechle ich in der Vorstellungsrunde ins Telefon – mit Kind auf dem Arm und Taschen in der Hand. Dann bricht die Verbindung ab, weil ich mit eingeklemmten Telefon an die falsche Taste gerate. Drama? Naja, eher zum Glück: Denn ehrlich gesagt habe ich bis dahin nichts von dem Gespräch mitbekommen und bin maximal gestresst.

Die Welt dreht sich weiter

In meinem Jahr Elternzeit hat sich die Welt weitergedreht. Kollegen, die vorher auf dem gleichen Entwicklungslevel waren, sind jetzt meine Vorgesetzten. Das war am Anfang eine komische Situation. Und dann merke ich: Es ist auch eine neue Chance für alle. Denn für mich gilt: Mein Jahr Elternzeit hat mich viel mehr verändert, als es im Job möglich ist. Auch wenn es kitschig klingt: Ich bin Mutter von einem kleinen Sonnenschein, der mir unglaublich viel über Verantwortung, Geduld und Zurückstellen der eigenen Bedürfnisse beigebracht hat. Deswegen war dieses Jahr für mich mehr Wert, als das spannendste IT-Projekt. Auch wenn ich nun nicht mehr bei jedem Bereichsevent, Wiesnbesuch oder bei Party dabei bin.

Prioritäten ändern sich

Nach einem Jahr Elternzeit komme ich als die gleiche Person zurück, und irgendwie auch ganz verändert. Meine Priorität liegt eindeutig bei meinem Sohn. Klingelt plötzlich mein Handy mitten im Meeting und es ist die Krippe, dann gehe ich auf jeden Fall dran und breche ein Meeting notfalls ab. Ähnlich ist es, wenn mein Sohn krank ist. Ich bin gesund, muss aber doch zu Hause bleiben und kann meine Kollegen nicht unterstützten, komisches Gefühl. Das schlechte Gewissen ist da vorprogrammiert, aber ich habe gelernt, die Situation ähnlich wahrzunehmen, als wäre ich selbst krank: „Jeder ist mal krank…“

Bei diesem Blogbeitrag geht es mir wie sonst auch oft: Ich nehme mir die Zeit, gerate in Schreiblust – und schaue irgendwann schockiert auf die Uhr: Dann muss ich alles stehen und liegen lassen, sonst steht der Kleine in der Kita alleine da. Also beeile ich mich, meinen Sohn rechtzeitig abzuholen. Wenn ich in der Kita ankomme, freut er sich mich zu sehen… Als es aber versteht, dass wir jetzt nach Hause gehen fängt er wie wild an zu schreien. Freue ich mich jetzt, dass es dem Kleinen so gut in der Kita gefällt oder bin ich jetzt traurig, dass die ausgebildeten Erzieherinnen einen super Job machen? Viele plagt das schlechte Gewissen, wenn sie ihr Kind für den ganzen Tag in der Kita abgeben. Ich bin froh und dankbar, dass mehr Menschen mein Kind lieben und sich um Ihn sorgen. Sitzen, Krabbeln, Gehen und mit dem Löffel essen hätte mein Sohn niemals so schnell gelernt, wenn er es sich nicht von den anderen Kindern abgeschaut hätte.

Rückblickend bin ich stolz

Ein dreiviertel Jahr nach meinem Wiedereinstieg klappt es meistens erstaunlich gut: Vollzeit arbeiten, Kundentermine lege ich so, dass ich daran teilnehmen kann, dann den Kleinen rechtzeitig abhole und dabei nicht gestresst bin. Mit der Zeit haben wir zum Glück Routine bekommen. Einiges ist sicher der Projektarbeit und der Flexibilität von MaibornWolff zu verdanken. Ein Beispiel? Eine Schulung, die an acht Nachmittagen geplant war und es somit für mich unmöglich gewesen wäre daran teilzunehmen, wird jetzt ein zweites Mal immer vormittags angeboten. Dafür musste ich genau eine E-Mail schreiben.

Dass ich Job und Familie so einrichte, darauf bin ich stolz. Es klappt sogar so gut, dass wir gleich die nächste Herausforderung annehmen. Kind Nummer zwei ist unterwegs. Ich bin gespannt, was die nächste Elternzeit mit uns macht.


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Von Natascha Fitermann