Von Julian Traut

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Freiflug

Homeoffice geht in die Verlängerung: sieben kleine Tricks zum Waden dehnen

90 Minuten sind gespielt. Die Puste ist raus, der Schiedsrichter zeigt fünf Minuten Nachspielzeit an. Jetzt gilt es den knappen Vorsprung über die Zeit zu retten. Doch dann erzielt die Mutante den Ausgleichstreffer – es gibt Verlängerung. Die Rückkehr aus dem Homeoffice rückt in weite Ferne. Die letzten Wochen waren zäh, sehr zäh, deshalb hier…

Freiflug

90 Minuten sind gespielt. Die Puste ist raus, der Schiedsrichter zeigt fünf Minuten Nachspielzeit an. Jetzt gilt es den knappen Vorsprung über die Zeit zu retten. Doch dann erzielt die Mutante den Ausgleichstreffer – es gibt Verlängerung. Die Rückkehr aus dem Homeoffice rückt in weite Ferne.

Die letzten Wochen waren zäh, sehr zäh, deshalb hier sieben Kleinigkeiten, um die Verlängerung zu überstehen. Sozusagen das „Waden-Dehnen“ für den Lockdown.

Fürs ganze Team

Macht die Kamera an.

Dass in der Mode die 1980er zurückkommen – ok. Aber, dass wir in Zeiten von Zoom und Teams wieder zur guten alten Telefonkonferenz zurückkehren würden, hätte ich nicht gedacht. Je nach Projektkontext und Unternehmen scheint es unüblich, die eigene Kamera anzumachen. Gut – zumindest frisurentechnisch mag das ein oder andere derzeit lieber im Verborgenen bleiben. Aber es macht einen Unterschied, ob ich Menschen wenigstens sehen kann oder auch noch auf dieses Stück sozialen Kontakt verzichte. Wenn es nicht immer geht (Bandbreite, Firmenpolicy, Bad Hair Day), dann gönnt Euch das wenigstens einmal die Woche, zur Not per Facetime und Co.

Baut Euch zufällige Begegnungen.

Das was uns kulturell am meisten gefehlt hat, waren die zufälligen Begegnungen in der Kaffeeküche. Menschen zu treffen, die man nicht auf dem Schirm hatte und Dinge zu erfahren, von denen man vorher nicht gewusst hat, dass man sie spannend findet. Weil dieser soziale Kitt nicht mehr von allein entstanden ist, haben wir ihn uns selbst gebaut. Einmal pro Woche gibt es eine Einladung für ein Kaffeedate. In zufälligen Vierergruppen, damit es nicht schlimm ist, wenn mal ein Projekttermin dazwischenkommt. Ja, es ist immer noch „ein Termin“ und es ist immer noch eine Videokonferenz, aber die 15 Minuten in der Woche haben mir Menschen wieder ins Gedächtnis gerufen und mich spannende Dinge entdecken lassen.

Teilt etwas physisch.

Online-Events sind nett, aber halt auch nur das. Vermutlich hat Jede*r in den letzten Monaten schon mal dem Bildschirm zugeprostet und ist irgendwie mit einem schalen Beigeschmack sitzen geblieben. Ein paar Mal haben wir dagegen Pakete nach Hause bekommen und hatten den gleichen Wein oder die gleichen Knabbereien. Das hat ein ungeahntes Verbundenheitsgefühl erzeugt und neue Themen: „Sag mal, wie schmeckt Dir der Ingwer-Shot? Warum gibt es sowas?“ Der Inhalt muss dabei nicht spektakulär sein – es reicht, in die gleiche Tafel Schokolade zu beißen, um mal wieder „gemeinsam“ etwas zu erleben.

Für den Workshop

Visualisiert!

Eine Stunde online zu sprechen ist ganz schön anstrengend. Nicht nur der Kontakt bleibt virtuell, sondern auch das Thema ist schwerer zu greifen als im geteilten Meetingraum. Deshalb: Visualisiert Eure Workshops. Wir machen das am liebsten mit Tools, die dafür gemacht sind, wie Miro oder Mural. Wenn das eine Nummer zu groß ist, oder Euch der Datenschutz einen Strich durch die Rechnung macht, probiert mal Folgendes: einfach ein Textdokument öffnen, per Screenshare teilen und die wichtigsten Punkte mitschreiben. Mag banal klingen, und erhöht das Gefühl, „dass da was rausgekommen ist.“ Und es hilft Meetings weniger ermüdend zu gestalten.

Gönnt euch mehr und kürzere Pausen.

Workshops sind anstrengend. Online-Workshops sind anstrengender. Wenn man nicht weiß, was die Kinder gerade aushecken, sind sie sogar noch viel anstrengender. Deshalb macht mehr und kürzere Pausen. Ein guter Richtwert in längeren Workshops sind 10 Minuten pro Stunde! Und zwar von Anfang an. Auch wenn Euch die erste Pause verfrüht vorkommt, seid ihr und Eure Teilnehmer*innen so auch nach drei Stunden noch dabei und vielleicht ist das Kinderzimmer auch noch nicht abgebrannt.

Checkt ein.

Der Check-In zu Beginn ist schon in normalen Zeiten eine gut investierte Zeit. Ein paar Minuten am Anfang des Workshops reihum: Wo kommt ihr gerade her und wie (in welcher Verfassung) ist Jede*r da? Das hilft den Teilnehmer*innen anzukommen und allen einzuschätzen, mit wieviel Energie und Kopf die Menschen bei der Sache sein werden. In Zeiten von nahtlos aneinander gereihten Online-Meetings und chaotischem Home-Schooling entfaltet der Check-In seine wirkliche Kraft. Und wenn rauskommt, dass gerade keiner mehr Puste für den Workshop habt, dann ist vielleicht einfach erstmal Ratschen dran, um dann in der halben Zeit überhaupt noch einen Schritt weiter zu kommen.

Für Dich

Sei gnädig mit Dir

Yoga, Meditieren, Eisbaden… Ja es gibt viele Techniken, die uns gerade helfen können durch diese Zeit zu kommen. Aber wenn wir mal ehrlich sind, ist und bleibt es eine Ausnahmesituation und eine Belastung für die allermeisten. Wer „nebenbei“ Kinder betreuen muss, sich um die Großeltern sorgt und statt mit Freunden in der Kneipe zu relaxen alleine Netflix leerguckt, kann nicht so leistungsfähig sein, wie zu normalen Zeiten. Wenn also mal nichts mehr geht und Du eine halbe Stunde den Eichhörnchen im Garten zugeschaut hast, statt Dein Excel zu optimieren: Dreh Dir nicht noch selbst einen Strick draus. Es ist ok. Ist ja Verlängerung.


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Von Julian Traut